„Gerechte Bildung“ – zu diesem vielschichtigen Thema habe ich drei Expertinnen aus Politik, Gewerkschaft und Schüler:innenschaft zum digitalen Gespräch begrüßt: Sigrid Beer als Grüne MdL, Susanne Huppke (GEW) und Pia Sophie Kogler (LSV NRW). Eine Rückkehr zu einer ‚Normalität‘ vor Corona kann es nicht geben, darin sind wir uns einig. Vielmehr geht es jetzt darum, Schule und Bildung mit den Erfahrungen der Pandemie und den veränderten digitalen Bedingungen gerecht zu entwickeln.
Pia Sophie Kogler wies auf die Chancenungleichheit in der Schule hin. Menschen ohne gute soziale Absicherung und Menschen mit Behinderung seien vom System knapper Ressourcen zusätzlich benachteiligt. Sie forderte deutlich mehr Schulsozialarbeit und eine Inklusion, die ihren Namen verdient: Als gemeinsames Lernen an allen Schulen, zu dem alle ihren Teil beitragen, um Schule zu einem gesunden Lebensraum für alle zu machen.
Susanne Huppke nahm für die GEW in Lippe und NRW Stellung zu anstehenden Reformbedarfen. Diese würden von der GEW derzeit landesweit mit der Aktion „Baustelle Bildung“ deutlich formuliert. So dürfe die Digitalisierung nicht zu einer sozialen Spaltung führen. Ob Schüler:innen über Laptop oder Tablet verfügen können, dürfe nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen.
Auch müsse die Ausstattung des Personals mit IT-Geräten dauerhaft sichergestellt werden.
Beim Rechtsanspruch auf den Ganztag in der Grundschule sei die Qualität des Ganztags von entscheidender Bedeutung. Neben dem Ausbau der Räumlichkeiten müsse vor allem die Relation Fachkraft-Kind verbindlich festgelegt werden.
Ein Schlüssel für mehr Bildungsgerechtigkeit sei außerdem das längere gemeinsame Lernen.
Für die Grüne Landtagsfraktion wies Sigrid Beer auf die nötigen Ressourcen gemeinsamen Lernens hin. Dazu zählen eine verlässliche Personalausstattung und eine Begrenzung der Lerngruppengröße. Die „Zauberformel“ der Landesregierung 25-3-1,5 (25 Schüler:innen, davon max. 3 mit Förderbedarf und 1,5 Stellen) sei entzaubert und nie Realität geworden. Inklusion dürfe keine Geldfrage bleiben und müsse künftig wieder an allen Schulformen zugelassen werden – Schwarz-Gelb habe hier Inklusion politisch verhindert.
Wichtig sei eine Vernetzung der Schulen im Gemeinsamen Lernen und der Förderschulen, unterstützt mit Ressourcen, um von- und miteinander zu lernen und so Schüler:innen bestmöglich unterstützen zu können. Dazu gehörten auch Beratungen, Coachings und Hospitationen.
Ein zentrales Anliegen für die kommende Regierung ist die Öffnung der Schulen. Sigrid Beer forderte mehr pädagogische Souveränität der Schulen und Lehrkräfte, um mehr dezentrale Entscheidungen für Lehrpläne, Notengebung oder Personaleinstellung zu ermöglichen. Natürlich benötige es dazu auch entsprechende neue Finanzierungsmodelle und rechtliche Zuständigkeiten. Die Forderung der GEW nach A13-Besoldung für alle Lehrämter unterstützen die GRÜNEN ausdrücklich.
In der lebhaften Diskussion kamen weitere Themen zur Sprache: Neben der nötigen Inklusion mit dem Ziel der Integration in den ersten Arbeitsmarkt wurde der Lehrer:innenmangel in MINT-Fächern und der Unterricht der Geflüchteten angesprochen. Generell, so Beer, müsse Personal durch attraktive Karrierewege gewonnen werden. Die Praxisphasen der Lehramtsstudierenden böten viele Chancen zur Unterstützung. In Teams mit den Lehrkräften könnten die Studierenden Aufgaben in der Lernbegleitung beim Üben und Vertiefen übernehmen. Dadurch erhalten sie selbst frühzeitig eine berufliche Orientierung.